Es ist ein klares Statement für Vielfalt und Demokratie: „Wir arbeiten nicht mit Nazis“ – diesen prägnanten Satz vertritt das Sozialwerk derzeit nach innen und nach außen. Er steht auf Aufklebern und Postkarten, die großzügig verteilt werden und wird zudem in den sozialen Medien verbreitet. Hintergrund der Kampagne ist die Sorge vor antidemokratischen Tendenzen, die in Deutschland immer mehr an Boden gewinnen. Einer, der sich schon seit mehreren Jahren dafür einsetzt, dass wir uns aktiv vor Augen führen, wohin solche Entwicklungen führen können, ist Axel Zappe, Regionalleiter der Region Ennepe Ruhr und Märkischer Kreis. Seit 2017 fährt er einmal pro Jahr mit jeweils 10 Klient:innen in die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers „Buchenwald“ (1937-1945), das später als Straflager der Sowjets (1945 bis 1950) weitergeführt wurde. Am heutigen Freitag (26.04.2024) startet er erneut mit einer Reisegruppe für drei Tage nach Weimar. Was dies für ihn bedeutet, berichtet er im folgenden Interview.
Herr Zappe, die Fahrt nach Buchenwald unternehmen Sie ja schon seit einigen Jahren. Haben Sie den Eindruck, dass dies etwas an dem Bewusstsein der Klient:innen verändert?
Ja, absolut und auch an dem Bewusstsein der Mitarbeitenden, die die Fahrt begleiten. Ich habe immer versucht, unterschiedliche Klient:innen und Mitarbeitende mitzunehmen. Diese Konfrontation vor Ort mit dem, was geschehen ist, hinterlässt bei jedem Menschen einen tiefen Eindruck.
Die Gruppe wird ja von Ihnen und einem weiteren Mitarbeitenden begleitet. Gibt es da nicht weitere Anfragen aus der Mitarbeiterschaft, ebenfalls einmal mitzufahren)
Das ist so. Daher werde ich 2025 erstmals eine Fahrt für Klient:innen und dann noch einmal speziell für Mitarbeitende organisieren. Ich glaube, dass dieses direkte Erleben einfach wichtig ist, um eine Art des Gedenkens zu entwickeln, die dazu führt, dass einem bewusst wird, dass wir uns alle für Freiheit, Demokratie und Vielfalt einsetzen müssen.
Wie sieht das dreitägige Programm aus?
Am ersten Abend kommen wir an, führen in das Thema ein und schauen einen Dokumentarfilm über das Konzentrationslager. Am nächsten Tag gibt es eine Führung durch die Gedenkstätte und einen Vortrag von wissenschaftlichen Mitarbeitenden der Universität Erfurt. Diese arbeiten mit der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald zusammen und schaffen es, auf die Bedürfnisse ihrer Zuhörer:innen einzugehen und ihren Vortrag entsprechend zu gestalten. Das bedeutet, dass sie, um die Klient:innen mitzunehmen, viel mit Bildern und Einzelschicksalen arbeiten. Die Mitarbeitenden werden dann noch mal auf eine andere Weise gefordert Nachdem wir abends das Erlebte gemeinsam aufgearbeitet haben, machen wir am dritten Tag ein absolutes Kontrastprogramm und besichtigen die schöne Stadt Weimar. Das ist wichtig, um die Gruppe gedanklich wieder aus der Vergangenheit zu reißen und sie nicht in dieser düsteren Welt zu lassen.
Ziehen Sie bei der Aufarbeitung des Erlebten auch Parallelen zu heutigen Entwicklungen?
Nach der Führung beschäftigen wir uns natürlich auch mit er Frage, wie eine Gesellschaft es zulassen konnte, dass so viele Menschen ermordet wurden. Und da drängen sich einige Parallelen zur heutigen Situation ja geradezu auf. In Thüringen kommt die AfD mittlerweile auf 33 Prozent. Die werden auch gewählt von Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die unzufrieden sind mit der derzeitigen Regierung. Dabei sehen sie darüber hinweg, dass das Vokabular, das von einigen Vertreter:innen genutzt wird, der Zeit des Nationalsozialismus entstammt, wenn zum Beispiel von „Remigration“ gesprochen wird oder wenn sprachlich unterschieden wird zwischen „Pass-Deutschen“ und „Geburts-Deutschen“. Solche Unterscheidungen haben damals dazu geführt, dass allein in Buchenwald 56.000 Menschen getötet wurden, da sie anders waren und nicht als „Volksdeutsche“ akzeptiert wurden. Den Klient:innen wird vor Ort auch immer deutlich, dass früher Menschen, die einen Assistenzbedarf hatten, lebensgefährliche Konsequenzen zu befürchten hatten. Daher ist ein Unternehmen wie unseres auch besonders gefordert, klare Kante zu zeigen und Stellung zu beziehen.