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10. Februar 2025

Wahlkampf im Sozialwerk: Politischer Dialog im Wohnforum

„Ich wollte Menschen mit Assistenzbedarf die Möglichkeit bieten, vor der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar mit Politiker:innen auf Augenhöhe zu diskutieren und Antworten auf ihre persönlichen Anliegen zu erhalten“, erklärt Axel Zappe. Der Leiter der Region Ennepe Ruhr und Märkischer Kreis schickte Einladungen an verschiedene Parteien, die er zuvor gemeinsam mit den Klient:innen ausgewählt hatte. Vier Parteien kamen Ende Januar und Anfang Februar in die Tagesstruktur des Wohnforums Volmetal in Lüdenscheid. Im folgenden Gespräch berichtet Zappe darüber, wie die Begegnungen abliefen, welche Reaktionen er erlebte und wie der direkte politische Austausch den Klient:innen neue Perspektiven eröffnete.

Herr Zappe, was hat Sie dazu bewegt, dieses Gesprächsformat zu initiieren?
Gerade jetzt, vor der vorgezogenen Bundestagswahl, ist es mir wichtig, dass die Klient:innen ihre Themen direkt ansprechen und in einen offenen Dialog mit Politiker:innen treten können. Es geht darum, ihnen einen Raum zu geben, in dem ihre Anliegen Gehör finden und sie sich aktiv in den politischen Prozess einbringen können.

Welche Parteien haben Sie eingeladen und wie kam es zu der Entscheidung?
Die Entscheidung, welche Parteien eingeladen werden sollten, haben wir gemeinsam mit den Klient:innen getroffen. Diese hatten sich im Vorfeld intensiv mit den Parteiprogrammen auseinandergesetzt und entschieden, die AfD nicht einzuladen, da diese Partei Menschen mit Assistenzbedarf ablehnt. Wir wollten ein konstruktives Gespräch führen – und das ist uns mit den eingeladenen Parteien gelungen. Die CDU, die FDP, die SPD und die Linke sind alle sehr engagiert gekommen. Die Grünen haben sich leider nicht zurückgemeldet.

Wie verliefen die Gespräche mit den Abgeordneten?
Die Gespräche waren offen, konkret und respektvoll. Unter den Vertreter:innen der Parteien waren auch bekannte Bundestagsabgeordnete wie Florian Müller (CDU) und Johannes Vogel (FDP). Alle hatten ihren Mitarbeiterstab mitgebracht und zum Teil einen eigenen Fotografen. Das zeigte, wie ernst sie den Dialog mit den Klient:innen nahmen. Es waren echte Gespräche, in denen sich die Abgeordneten den gut vorbereiteten Fragen der Klient:innen stellten.

Gab es während der Gespräche spezifische Themen oder Anekdoten, von denen Sie berichten möchten?
Ja, ein Klient berichtete Johannes Vogel (FDP), dass er beim Jobcenter gemeldet sei, aber eigentlich in der Werkstatt arbeiten möchte und seit einem Jahr auf eine Entscheidung wartet. Der Politiker konnte nicht sofort antworten, wollte sich aber mit einem zuständigen Kollegen beraten und sich nach Klärung nochmals melden.
Sehr eindrucksvoll war auch, wie eine Klientin den CDU-Abgeordneten Florian Müller auf das Register ansprach, in das Straftäter mit psychischen Erkrankungen eingetragen werden sollen. Sie äußerte die Sorge, dass irgendwann alle Menschen mit psychischen Erkrankungen aufgelistet werden könnten. Sie sei nicht gewalttätig und wolle nicht auf einer solchen Liste stehen. Da wurde dem Bundestagsabgeordneten sichtlich klar, dass man an ein solches Thema mit mehr Sensibilität behandeln sollte.

Wie haben sich die Klient:innen auf diese Gespräche vorbereitet?
Die Klient:innen wurden von ihren Persönlichen Assistenzen vorbereitet. Sie überlegten sich Fragen, die für sie persönlich wichtig waren. Die Abgeordneten erhielten die gleichen Fragen, sodass es fair und transparent war. Einige Klient:innen wussten zuvor nicht, ob sie wählen dürfen – das konnten wir schnell aufklären, da es heute keine Einschränkungen mehr für Menschen mit psychischen Erkrankungen gibt.

Wie haben die Politiker:innen auf die Anliegen reagiert?
Die Bereitschaft, zuzuhören und sich auf die Anliegen der Klient:innen einzulassen, war insgesamt sehr groß. Die Gespräche gaben nicht nur den Klient:innen, sondern auch den Abgeordneten wertvolle Einblicke in die Lebenswirklichkeit von Menschen mit Assistenzbedarf.

Was nehmen Sie für zukünftige Dialoge mit?
Es war großartig zu sehen, wie engagiert die Klient:innen waren und wie sehr sie die Gelegenheit genutzt haben, ihre Stimme zu erheben. Beim nächsten Mal möchte ich auf jeden Fall mehr Klient:innen aus dem Ambulant Betreuten Wohnen einbeziehen. Die Vorbereitung war eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Gespräche, und wir haben gesehen, wie wichtig es ist, Menschen zu stärken und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich politisch einzubringen. Ich bin zuversichtlich, dass wir noch mehr Menschen für politische Teilhabe begeistern können.

Abschließend, Herr Zappe, was stellen Sie sich für die Zukunft vor? Welche weiteren Formate oder Möglichkeiten könnte es Ihrer Meinung nach geben, um den Dialog zwischen Klient:innen und Politik weiter zu fördern?
Ich könnte mir vorstellen, dass man auch nach der Wahl den Dialog fortsetzt – zum Beispiel in kleineren Runden oder bei spezifischen Themen, die den Klient:innen besonders am Herzen liegen. Ein weiteres Format wäre, bestimmte Politiker:innen gezielt zu konkreten Fragestellungen oder Projekten einzuladen, bei denen die Klient:innen direkt beteiligt sind. Es ist wichtig, dass der Austausch weiterhin stattfindet, um die Anliegen der Klient:innen in die politische Diskussion einzubringen. Wie es weitergeht, werden wir gemeinsam mit den Klient:innen entscheiden. Ein Beispiel für gelebte politische Bildung sind auch die Fahrten in die Gedenkstätte Buchenwald, die ich seit einigen Jahren organisiere und an denen Klient:innen regelmäßig teilnehmen. Diese Exkursionen ermöglichen es ihnen, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen und die Bedeutung von Demokratie und Menschenrechten noch bewusster wahrzunehme